Interview eines Second Life Nutzers ...
Diesmal
bin ich zu Gast. Und zwar bei Aeriel McJamerson, einer starken,
selbstbewussten Frau. Wir starteten das Gespräch etwas anders, als
ich das immer mache und zwar mit einen kurzen Video.
Susann: Kommen wir zur dritten Frage Aeriel. Wie hast du nach Second Life gefunden?
AerielMcJamerson:
Ich bin damals über eine sehr gute Freundin nach Second Life
gekommen. Das war vor ziemlich genau 7 Jahren. Ich hab mich drei
Monate lang ordentlich gesträubt, war dann aber nach einem kleinen
Rundgang mit ihr begeistert.
Susann:
Dein jetziger Avatar ist 2 Jahre alt, wie viele hattest du schon oder
hast du noch?
AerielMcJamerson: Ich hab nur noch einen, meinen "Original"
sozusagen. Mit der bin ich aber nur noch sehr, sehr selten online.
Wenn es um Möbel oder Deko aus ihrem Inventar geht, zum Beispiel.
Susann:
In deinem Profil steht viel über das Thema Rollenspiel, kann man da
von einer Leidenschaft sprechen?
AerielMcJamerson:
Ja, das kann man durchaus. Deswegen gibt es mich, also Aeriel,
überhaupt. Ich wollte einen Avatar, der rein für das Rollenspiel da
ist. Das sich das mit der Zeit zu meinem Hauptavatar gemacht hat, ist
irgendwie einfach so passiert.
Susann:
Welche Art von Rollenspiele magst du am liebsten ?
AerielMcJamerson:
Ich mag die Genre Mittelalter und Fantasy wahnsinnig gerne. Da kann
man sich in andere, manchmal auch Fabelwesen, rein fühlen sozusagen.
Einfach mal in eine ganz andere Haut schlüpfen und schauen, was das
Spiel mit anderen und die eigene Fantasie so leisten können. Die
Figur lebendig werden lassen.
Susann:
Viele sagen das Rollenspiel sehr langweilig sein kann, wenn man auf
Antwort von sogenannten Paraemoter (lange Texte Schreiber) warten
muss..siehst du das auch so?
AerielMcJamerson:
Das kommt ganz darauf an, meine persönliche Meinung. Ich bin auch
oftmals, wenn es denn mein Spielpartner zulässt, jemand, der sehr
detailverliebt schreiben kann. Aber da passe ich mich den Rhythmus
meines Gegenübers an. Ich persönlich mag es, wenn man die Dinge ein
wenig tiefer beschreibt und damit die Fantasie noch mehr anregt. Das
imaginäre Bild vor Augen besser formt.
Susann:
Ich sehe dich jetzt oft auf einem BDSM Treffpunkt, wie ist das, wenn
ein leidenschaftlicher Rollenspieler (Schreiberling) auf wild
durcheinander voicenden Menschen trifft?
AerielMcJamerson:
Ich habe durchaus kein Problem mit dem Voicen. Die mich auf dem
Treffpunkt schon erlebt haben, wissen, dass ich durchaus gern voice.
Da ist aber auch für mich eine klare Abgrenzung zwischen dem
Rollenspiel und der "normalen" Second Life – Welt.
Susann:
Viele Menschen identifizieren sich mit ihrem Avatar, sprechen daher
von ich und nicht von *meinem Avatar*, bei dir im Profil steht
*dieses Püppi*.... siehst du deinen Avatar mit Abstand von weitem
als Spielfigur in einem Spiel oder als verlängerten Arm von dir ?
AerielMcJamerson:
Da kommen wir wieder auf diese Trennung Rollenspiel und normales
Second Life. Für das Rollenspiel sehe ich mich als Püppi, das ich
anziehen und mit dem ich Geschichten erleben kann. Sie hat Emotionen,
die ich Real in dem Moment nicht fühle, sie erlebt Dinge, die ich
Real nicht erleben kann. Für alles andere sehe ich das schon so,
dass das mein verlängerter Arm ist. Was Freundschaften angeht, was
meine Leidenschaft fürs Shoppen angeht, meine albernen Momente, auch
die traurigen. Und ja, ich weiß, das das viele nicht so sehen. Aber
so bin ich nun mal. Etwas schräg und nicht ganz der Norm
entsprechend.
Susann:
Was ist den die Norm in Second Life?
AerielMcJamerson:
Für was? Menschen, Rollenspiel? Da muss man ja immer erst einmal
definieren, für was die Norm denn sein soll? Ich kann auch nur meine
subjektiven Eindrücke weitergeben, jemand anderes erlebt es mit 100%
Sicherheit ganz anders.
Susann:
Dann nehmen wir doch einfach mal die Menschen her, die Second Life
beleben..
AerielMcJamerson:
Der typische Mensch, der Second Life bevölkert, hat einen Drang,
etwas auszuleben, das er im Realen nicht kann. Sei es eine BDSM
Neigung, sei es das er Clubbesitzer sein möchte oder Kleidung
herstellt. Der einen Ort hat, an dem er Gleichgesinnte finden kann,
egal zu welchem Thema und man trotz der Anonymität des Internets
sich mit einem Avatar doch wieder personalisiert.
Susann:
Was unterscheidet dich dann von den übrigen?
AerielMcJamerson:
Ich denke, ich unterscheide mich nicht allzu sehr von dem Stereotyp.
Ich habe eine sehr dunkle Zeit in Second Life hinter mir, in der es
kein Spiel mehr war, sondern ich mich sehr verloren habe darin. Der
Unterschied ist einfach, glaube ich, das ich mir durchaus bewusst
bin, das es eben nur ein Spiel ist und ich hier nicht mir ein Leben
aufbauen kann, das so auch der Realität entspricht. Wobei das auch
nur in meinem Kopf Sinn ergeben kann. Twisted Mind eben.
Susann:
Inwiefern verloren?
AerielMcJamerson:
Ich war zu der Zeit real arbeitslos, hatte also massig Zeit und die
habe ich in Second Life verbracht. Das das am Ende 16, 18 Stunden
waren, ich die Nächte durchgemacht habe und ich wirklich nur zum
schlafen nicht in Second Life war, habe ich erst sehr viel später
bemerkt. Meine Flucht vor der Realität nenne ich das gerne. Ich hab
mich wertlos gefühlt im realen Leben und die Bestätigung hab ich
mir hier geholt. Da hat es einen großen Gong von meinen realen
Freunden gebraucht bis ich das verstanden hatte. Seitdem ist mir das
nie wieder passiert und das wird es auch nicht mehr.
Susann:
Da kann man nur sagen, du hast sehr gute Freunde.
AerielMcJamerson:
Ja, die Besten, die ich mir wünschen kann. :)
Susann:
Machen wir einen kleinen Themensprung... Hast du zur Zeit einen
Partner in Second Life? Egal welche Art …
AerielMcJamerson:
Ja, den habe ich. Ich habe einen Herren und ich bin sehr stolz seine
Sub sein zu dürfen.
Susann:
In beiden Welten? Oder nur bist du das Kreuzchen anklickst um off zu
gehen?
AerielMcJamerson:
Nur bis ich das Kreuzchen klicke, dann gehöre ich meinem realen
Partner. Und auch hier ja, ich weiß, dass viele das nicht
nachvollziehen können. Müssen sie aber auch nicht. Und nein, mein
realer Partner ist nicht in der Szene.
Susann:
Kann man die Gefühle die eine Neigung mit sich bringen, einfach von
einer Sekunde zur anderen abstellen?
AerielMcJamerson:
Die Gefühle lassen sich mit Sicherheit nicht abstellen, aber sie
lassen sich in eine andere Richtung lenken. Und das meinte ich auch
vorhin, dass ich eben nicht der Norm entspreche. Die meisten Menschen
würde ich sagen, verstehen nicht, wie das funktionieren kann. Tut es
aber, warum kann ich dir auch nicht so genau sagen.
Susann:
Weiß dein realer Partner über Second Life Bescheid?
AerielMcJamerson:
Ja, ich habe ihn sogar hier kennengelernt und er weiß Bescheid. So
macht man das doch in einer Partnerschaft. ;)
Susann:
Eine letzte Frage Aeriel, dann bist du erlöst :-)
AerielMcJamerson:
Ach schade, so schnell schon vorbei?
Susann:
Was würdest du einem devot veranlagten Menschen raten, der sich
gerade frisch eingeloggt hat, auf der Suche nach dem passenden
Gegenstück?
AerielMcJamerson:
Lerne erst einmal Second Life kennen, schau dich um, beobachte die
Menschen. Und nimm nicht sofort jeden, der dir ein Collar um den Hals
legen will. Lass dir Zeit dein Gegenstück zu finden, dann klappt das
auch mit dem devot sein. ;)
Susann:
Ich bedanke mich herzlichst für deine Offenheit und dem sehr
interessanten Gespräch und ... du hast ein süßes Zuhause, auch
wenn ich das Gefühl hatte, der Vogel frisst mich gleich *gg*
AerielMcJamerson:
Ich bedanke mich bei dir und du bist herzlich gern wieder eingeladen,
dann sperr ich den Vogel in den Käfig extra für dich.
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