BREMEN/HANNOVER - DIE DINOSAURIER DES INTERNET-ZEITALTERS
Anmerkung von mir: Der letzte Absatz über Second Life hat mich dazu bewogen, diesen Artikel hier zu posten. Ich persönlich finde, man(n) sollte etwas mehr in das Thema (Second Life) eintauchen um einen gut recherchierten Text zu verfassen...
Von
Thomas Schörner, 22. Februar 2017
Dienste
wie Altavista, StudiVZ und ICQ beherrschten einst das Netz. Was ist
aus den einstigen Platzhirschen geworden?
Viele
Online-Dienste, die einst Überflieger im Netz waren, sind heute
Geschichte. Auch etliche Standardprogramm aus den frühen Jahren des
Internets, die auf jedem Rechner installiert waren, sind mittlerweile
bedeutungslos geworden oder sogar komplett verschwunden.
Der
Netscape Navigator beispielsweise: Lange vor Firefox, Chrome und
Co. war Netscape der Standardbrowser schlechthin. „Mitte der 1990er
Jahre hatte Netscape einen Marktanteil von 80 Prozent“, erklärt
der Bremer Historiker Daniel Crueger, der die digitale Geschichte und
ihr kulturelles Erbe erforscht. „1995 begann mit der
Markteinführung des Microsoft Internet Explorers der sogenannte
erste Browserkrieg. Dafür setzte Microsoft erhebliche finanzielle
und personelle Ressourcen sowie die Marktmacht seines Betriebssystems
Windows ein“, so der Experte.
Netscape
konnte diesen ungleichen Kampf nicht gewinnen: „2003 war der
Marktanteil von Netscape auf weniger als vier Prozent gesunken, der
Internet Explorer hatte über 95 Prozent erreicht.“ Von AOL
zwischenzeitlich übernommen, wurde der Browser 2007 eingestellt.
Ein
ähnliches Schicksal ereilte die Suchmaschine Altavista. Sie ging
1995 online und war jahrelang Marktführer. „Altavista hat seine
Suchergebnisse vor allem aus den sogenannten Meta-Daten einer
Webseite erstellt, das heißt etwa auf Grundlage von Seitentiteln
oder vom Autor vergebener Stichwörter“, erklärt Timm Lutter vom
IT-Verband Bitkom. Dann kam 1998 Google und machte es besser, indem
der Gesamttext einer Seite analysiert wurde. Für Altavista ging es
stetig bergab, bis der letzte Besitzer Yahoo die Suchmaschine nach
mehreren Verkäufen 2013 abstellte.
Die
Plattform StudiVZ war ursprünglich als Studenten-Netzwerk
gedacht und wurde dann ausgeweitet. Der Dienst war zur richtigen Zeit
am richtigen Ort: „Als StudiVZ 2005 ans Netz ging, war die Epoche
von Social Media soeben angebrochen, deutschsprachige Angebote
fehlten aber noch weitgehend“, sagt Crueger. StudiVZ war für eine
ganze Generation der Social-Media-Erstkontakt, und zu ihrer besten
Zeit hatte die VZ-Gruppe rund 16 Millionen aktive Nutzer. „Dass
danach dann der tiefe Fall kam, hat seine Gründe wohl nicht zuletzt
in der inhaltlich starken und finanzkräftigen Konkurrenz durch
Facebook“, so Crueger.
„Während
Facebook optisch und technisch davonzog, herrschte bei StudiVZ auf
Software-Seite in einer kritischen Phase Stagnation“, sagt Dörner.
Die wachsende Nutzerzahl und Internationalität von Facebook führten
dann zur Verwaisung zahlloser StudiVZ-Accounts – die Plattform ist
aber noch online.
Der
Messenger ICQ ging 1996 an den Start und wurde zeitweise von mehr
als 470 Millionen Menschen weltweit genutzt. Viele werden sich noch
an den einprägsamen Signalton „Uh-oh“ beim Eingang neuer
Chat-Nachrichten erinnern. ICQ verpasste aber die aufkeimende
Smartphone-Revolution und ist erst seit 2010 mobil nutzbar.
Zusätzliche Konkurrenz kam mit diversen Social-Media-Angeboten.
Die
Plattform Napster machte ab 1999 das Musik-Filesharing völlig
ungeachtet der Rechtslage zu einem weltumspannenden Phänomen und
etablierte das Audio-Format MP3. „Kostenlose Musikdateien nach
Wunsch – mit diesem Angebot wurde Napster zwischenzeitlich zur am
schnellsten wachsenden Web-Community“, erzählt Crueger. Kurz vor
seinem Ende im Februar 2001 hatte der Dienst weltweit 80 Millionen
Nutzer. „Doch Napster kostete der Musikindustrie immensen Umsatz,
weshalb diese sich juristisch nach Kräften gegen den Dienst wehrte.“
Am Ende erfolgreich. Nach der Insolvenz wurde der Markenname mehrfach
weiterverkauft und wird heute von einem kostenpflichtigen
Musik-Streamingdienst geführt.
Als
„revolutionäre Idee“ bezeichnet Timm Lutter von Bitkom das
soziales Netzwerk Second Life, das in einer virtuellen Welt
spielt. Als 3-D-Avatare bewegen sich die Nutzer durch virtuelle
Welten. Das Angebot des US-Unternehmens Linden Lab ging 2003 online.
Doch nach anfänglicher Aufregung war es schnell still um Second Life
geworden. „Wahrscheinlich kam die Idee zu früh, die verbreitete
Technologie wie Internetbandbreite und Grafik war noch nicht weit
genug fortgeschritten, damit das Second Life dauerhaft für viele
Menschen attraktiv gewesen wäre“, so der Experte. Zwar ist das
Netzwerk noch online, Nutzerzahlen liegen aber nicht vor.
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