Interview eines Second Life Nutzers ...
Diesmal durfte ich Ganzbaf
Rasmuson einige Fragen stellen. Das Gespräch fand auf Somewhere near Aspen
statt. Luiz Talleyrand (Beric01) und Nicole Bettencourt (Nea Narstrom), die
Besitzer dieser winterlichen Sim, gaben uns dazu die Erlaubnis.
Susann DeCuir: Grüß dich
lieber Ganzbaf, ich freu mich sehr dass du dich bereit erklärt hast, mir ein
Interview zu geben und das du da bist.
Ganzbaf Rasmuson: Guten
Morgen Su und gerne.
Susann DeCuir: Die erste
Frage ist einfach und eine Art Einleitung. Warum hast du dich in Second Life
angemeldet?
Ganzbaf Rasmuson: Ich
hatte Besuch von einem Bekannten, der mir Second Life zeigen wollte. Eigentlich
wollte ich nicht länger darin verweilen, aber da ich relativ schnell, mit
seiner Hilfe, raus hatte, wie ich dort was zu machen hatte, zog es mich doch in
seinen Bann.
Susann DeCuir: Hat Second
Life dich immer noch in seinen Bann oder hat die Faszination nachgelassen?
Ganzbaf Rasmuson: Second
Life hat mich immer noch in seinem Bann. Die Faszination ist eine andere
geworden. Anfangs hatte ich es kaum geschafft mich auszuloggen. Eine Sex-Sim
nach der anderen wartete drauf abgeklappert zu werden und ihre User auch.
Mittlerweile kann man in 3 Jahren an einer Hand abzählen, wann ich mal ein
Sex-RP habe. Es gibt so viel zu sehen an Kunst. Oder die eine oder andere Installation,
die darauf wartet, gefertigt zu werden. Oder Rollenspiel mit den
verschiedensten Kulissen. Die Faszination ist, wie gesagt, noch immer da.
Susann DeCuir: Um das
Thema Rollenspiel aufzugreifen, du bist ja ein eingefleischter Rpler. Was
würdest du einen Anfänger raten, der sich langsam da ran tasten möchte?
Ganzbaf Rasmuson: Die
Notecards zu lesen, in einschlägigen Blogs zu stöbern und sich das Emoten zu
Herzen zu nehmen. Außerdem, je nach Welt in der man spielt, zu bedenken, was
könnte dort realistisch sein. anders ausgedrückt, ist das Schwert im
Nebenzimmer, dann kann man mal eben nicht den Arm bis dorthin wachsen lassen,
um es sich zu greifen. aber das wichtigste: Ein Rollenspiel kann man nicht
gewinnen. Der Gewinn ist dann da, wenn "alle" ihren Spaß haben.
Bedenke, der Feind im RP ist der Spielpartner. Ohne ihn wäre es schlicht
langweilig. Abschließend: Man sollte sich selbst nicht zu ernst und nicht zu
wichtig nehmen. Viel Spaß, Rollenspiel ist klasse!
Susann DeCuir: Einen
Schwenker zum Thema Sex, du drehst Pornostreifen in Second Life und
fotografierst quasi Sexgeschichten. Ich finde in Moment nicht den passenden
Begriff, du hast mir letztens davon erzählt. Dazu meine Frage. was reizt dich
daran?
Ganzbaf Rasmuson: Gleich
vorab, in den Pornofilmen bin ich nur Darsteller. Petra macht die Filme. Die
nächste Pornstory lasse ich photographieren. Als Photograph tauge ich nicht
wirklich und bin recht schnell sehr genervt. Was mich daran reizt, es macht
Spaß. Besonders wenn man sich hinterher den Streifen oder das Buch anschaut.
Außerdem bin ich aus ganzen Herzen ein Querulant. Daher ist mir kein Thema zu
schlüpfrig oder widerlich und offen gesagt, wenn ich mir bei manchen empörten
Reaktionen die Gesichter hinter den Bildschirmen vorstelle, so dunkelrot mit
Schaum auf den Lippen und wütend die Tastatur bedienend, ja, ich gebe zu, da
geht mir einer ab bei.
Susann DeCuir: Lacht
herzhaft, du provozierst also gerne. Kommen daher auch die vielen
unterschiedlichen ganzen Avatare in dein Inventar? Soviel ich weiß, hast du ja
unzählige davon.
Ganzbaf Rasmuson: Hm, der
eine oder andere vielleicht. Aber in erster Linie habe ich sie, weil ich
Verkleidungen mag. Und damit meine ich keine Maske, falschen Bart oder
ähnliches. Sondern eher wie Clever aus der Comic-Serie Clever & Smart,
falls die noch einer kennt. Mittlerweile dürften es nun so um die 700 sein. Das
reicht vom Klo mit Reißzähnen, bis zum 3 Häuser-großen Drachen. Von der
Hässlichkeit bis hin zur makellosen Schönheit. Jeder Avatar hat seinen Reiz. Und
jeder der einen sexy tanzenden Wackelpudding gesehen hat, wird das bestätigen
können.
Susann DeCuir: Ich hab
dich mal als klassische Schönheit bewundern können, bei einer unserer Partys,
es war das Thema 20er Jahre. Man erkennt absolut nicht, dass dahinter ein Mann
steckt. auch in anderen Situationen hab ich dir *zu lesen* können und ich bin
hin und weg von deiner RP Kunst. Eine Frage noch dazu. Wie lange zählst du RP
schon zu deinen Hobbys?
Ganzbaf Rasmuson: Schon
sehr lange. Ich habe mit 15 mit Paper & Pen angefangen. Somit wären es über
30 Jahre nun. Dazu möchte ich hinzufügen: werte Schergen vom BND,
Verfassungsschutz, GHCQ, NSA. Mir ist bekannt, dass ihr nun wisst, dass ich um
die 45 Jahre alt sein muss. Nun sucht meine Daten heraus und macht meine Steuererklärung
2013, die steht noch aus. Danke!
Susann DeCuir: Kleiner
Themenwechsel, du bist über sieben Jahre hier angemeldet, kennst viele Leute
und bist sehr hilfsbereit. Hast du in der ganzen Zeit hier mit deiner
Hilfsbereitschaft schon schlechte Erfahrungen machen müssen?
Ganzbaf Rasmuson: Sicher.
Aber das ist kein Ding. Wenn es zu sehr nervt, dann werden die Leute gemutet
und fertig. Um ein Beispiel zu nennen. Auf Minotauerland habe ich Spielsachen
(sexuelle) für normal große Avatare und welche für große Wölfe, Minotauren oder
ähnliches. Die mit normalgroßen Spielpartnern spielen wollen. Natürlich ist bei
letzteren der Abstand der Animation weiter auseinander, damit es mit der
Körperfülle passt. Für diese Spielgeräte habe ich ein Schild mit Minotauerkopf
drauf gefertigt und jeweils neben die Toys gestellt. Irgendwann kam ich on und
sah, wie ein normalgroßes Paar immer die Sachen für die großen Avatare
verwendete und ziemlich frustriert war. Ich schrieb ihnen eine IM und erklärte
ihnen, wofür die Spielzeuge mit den Bildern davor wären und das sie die anderen
besser nutzen könnten. Ich kann es mir nicht erklären, aber sie fühlten sich
sofort angegriffen und riefen jemand anderes herbei, der sich als Super-Office
ausgab und mir noch Vorhaltungen machte, ich hätte das besser zu kennzeichnen.
Er wurde zu dem noch pampig. Tja, erst habe ich ihn gemutet und danach gebannt,
erspart einen eine Menge Ärger. Schließlich bezahle ich das Land und stelle es
öffentlich zur Verfügung, da hat man sich als Besucher schlicht an die Regeln
zu halten. Ergänzend: Die allermeisten die dorthin kommen, haben einfach ihren
Spaß. Manche wollen auch nur quatschen. Interessant ist, dass das Publikum sehr
international ist, wobei die US-Amerikaner überwiegen. Könnte vielleicht etwas
mit deren staatlich verordneten Prüderie im RL zusammenhängen.
Susann DeCuir: Dann zum
nächsten Thema. Du bist RL-BDSMler Ganzbaf, da brennt mir doch eine Frage auf
der Zunge. Was hältst du von der deutschen BDSM Szene ins Second Life?
Ganzbaf Rasmuson: Offen
gesagt, ich verwende nur ungern die Abkürzungszusammenstellung BDSM. Ich bin
Sadomasochist. Mir geht die Definitions-, Wortfindungs- und Analysierwut in
einigen SM-Foren auf den Nerv. OK, aber zur Frage, ich finde, es gibt nicht
"die" deutsche SM-Szene in Second Life. Sondern viele verschiedene
Grüppchen. Mit manchen Leuten komme ich super klar, mit anderen gar nicht. Wie
im RL eben. Schlimm finde ich es nur, wenn Workshops gegeben werden und die
Veranstalter der Workshops nicht den Funken einer Ahnung haben. Bestes
Beispiel: Nadeln. Die Vortragende erklärte, man zieht die Nadeln wieder aus dem
Körper und steckt sie in die Verpackung zurück. Wie blöd muss man eigentlich
sein? Zum ersten, vor dem herausziehen werden die Nadeln ab desinfiziert, weil
die Spitzen wieder durch den Körper geführt werden. Zum zweiten kann man in der
Apotheke einen Nadelbehälter für 3 oder 5 Euro, je nach Größe erwerben und dort
kommen die genutzten Nadeln hinein. Diesen kann man, wenn er voll ist, in der
Apotheke abgeben oder wirft ihn in den Hausmüll, ich bevorzuge ersteres. Wenn
man die gebrauchten Nadeln wieder zurück in die Verpackung stecken will, ist
das ein unnötiges Risiko, sich selbst zu verletzen, denn über Blut werden eine
Menge Krankheiten übertragen. Ergo würde ich es bevorzugen, bevor Leute
Workshops geben, dass sie erstmal RL Erfahrung sammeln.
Susann DeCuir: Was hältst
du generell von den Leuten hier, die ihre Vorlieben und Neigungen direkt im
Namen oder Titel tragen, wie Z.B. Devrudi, Master Phillip und so weiter.
Ganzbaf Rasmuson: Ich
nenne sie Rudi oder Philipp. Auf der anderen Seite, vielleicht haben sich die
Leute in Second Life angemeldet, um virtuelles so auszuleben und wollten so
gleich klarmachen, was für einen Gegenpart sie suchen. Manche haben vielleicht
einen kleinen Penis oder Kitzler und müssen etwas kompensieren. Egal, ich
überlese die Titel schlicht und bisher hat noch keiner auf seinen Titel
bestanden, ab da wäre die Unterhaltung eh vorbei. Ist im RL übrigens auch so.
Auch da gibt es jede Menge Sirs, Ladys, Barone, Herzoge, Queens etc.
Susann DeCuir. Eine Frage
zu diesem Thema hab ich noch. Erkennt man beim Spielen in Second Life, ob es
sich beim Spielpartner um jemand handelt, der auch in RL damit Erfahrung hat
oder nur rein SL technisch?
Ganzbaf Rasmuson: Jein.
Bei vielen würde ich das erkennen, aber ich habe schon mit Leuten gespielt, die
keinerlei RL Erfahrung hatten und es war dermaßen realistisch. Ich denke, eher
noch kann man das aus den Gesprächen heraus erkennen. Aber im Rollenspiel schon
seltener. Zudem juckt es mich auch nicht, ob der oder die Spielpartner/in RL
Erfahrung hat. Solange sie keinen Workshop geben und Blödsinn erzählen.
Susann DeCuir: Lacht.
Ganzbaf wir kommen nun zur letzten Frage, die ich allen meinen Gesprächspartner
am Ende eines Interviews stelle. Warum der Name Ganzbaf Rasmuson?
Ganzbaf Rasmuson: Da
kommen wir wieder zu der Eingangs gestellten Frage. Wie ich mich in Second Life
angemeldet hatte, plante ich nicht, dort länger zu verweilen. Der Name Ganzbaf
ist aus dem Comic Asterix und die Normannen, einer meiner Lieblings Comics (der
genauso zerfleddert ist, wie die von Walter Moers). Rasmuson, weil ich eine
Affinität zum Norden habe, wobei der Name eigentlich Rasmusson heißen müsste.
Zu Deutsch: Der Sohn von Rasmus. Aber über diesen kleinen Fehler kann man
hinwegsehen.
Susann DeCuir. Ich danke
dir herzlichst für dieses interessante Gespräch Ganzbaf.
Ganzbaf Rasmuson: Ich
danke.
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