SECOND LIFE RECHT / GEISTIGES EIGENTUM
1. Kann man Dinge, die man
in Second Life erfindet, im Real Life schützen lassen?
Bei den Objekten, die man
in Second Life herstellt, z. B. Häuser, Möbel, Kleidung oder andere nützliche
Dinge, wird es sich in der Regel nicht um Erfindungen im Rechtssinne handeln.
Darunter fallen nach dem Patentgesetz nämlich nur so genannte gewerblich anwendbare,
neue, nicht naheliegende Lehren zum technischen Handeln (§ 1 PatG). Die Welt
des Second Life ist allerdings nur virtuell; bei den Objekten, die darin
geschaffen werden, handelt es sich um eine Kombination aus Vektorensätzen
(„Prims“), Ausführungsanweisungen („Skripts“) und Texturen. Rechtlich gesehen
handelt es sich bei den Texturen um Werke der bildenden Künste und bei den
Prims und Skripts um so genannte Sprachwerke (§ 2 UrhG). Beides ist nach den
nationalen Urheberrechtsgesetzen geschützt, sofern die Objekte eine gewisse
Schöpfungshöhe haben, also eine Eigenart aufweisen, die über die des einfachen
Holzwürfels, den sicher jeder Second Life-Resident schon einmal hergestellt
hat, deutlich hinausgeht.
Der Schutz durch das
Urheberrecht, im angloamerikanischen Raum auch als „Copyright“ bezeichnet,
entsteht automatisch mit der Schaffung des Werkes. Es ist nicht erforderlich,
sein Werk an irgendeiner Stelle registrieren zu lassen. Man braucht also die
Dinge nicht schützen lassen, sie sind automatisch geschützt.
2. Wird meine Marke, die
ich in Second Life erfinde im RL geschützt sein?
Als Marken (im Englischen
„Trademark“) können alle möglichen Dinge geschützt werden, z. B. Zeichen,
Wörter, Namen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale
Gestaltungen (§§ 3 ff. MarkenG). Im Gegensatz zum Urheberrecht entsteht der
markenrechtliche Schutz erst durch Eintragung der Marke in das Markenregister.
Eine Marke kann sowohl im nationalen Markenregister eingetragen werden als auch
im internationalen. Während eine nationale Markenregistrierung vergleichsweise
preiswert ist, fallen für eine internationale Registrierung schnell 4 bis
5-stellige Eurobeträge an Gebühren und Übersetzungskosten an. Die Registrierung
einer Marke - insbesondere für mehr als nur ein Land – wird sich daher nur in
Ausnahmefällen lohnen. In der Regel besteht ja bereits ein ausreichender Schutz
durch das Urheberrecht. Eine Markenregistrierung empfiehlt sich aber
beispielsweise für Designer in Second Life, die ihren Avatar Namen auch
außerhalb von Second Life als Marke verwenden wollen.
Viel bedeutender ist das
Markenrecht jedoch für den umgekehrten Fall, wenn z. B. reale Markenlogos in
Second Life verwendet werden, ohne eine Erlaubnis des Markeninhabers
einzuholen.
3. Wenn ich mir selbst ein
Motorrad baue und um es real aussehen zu lassen ein BMW-Logo darauf platziere,
mache ich mich strafbar? Wie hoch wäre meine Strafe?
Das BMW-Logo ist als Marke
international registriert. Der Gebrauch einer Marke bedarf immer dann der
Zustimmung des Markeninhabers, wenn die Marke im geschäftlichen Verkehr benutzt
wird, z. B. durch Anbringen der Marke auf einer Ware, die verkauft werden soll.
Es ist daher nicht rechtswidrig, das BMW-Logo auf einem Motorrad in Second Life
anzubringen, solange man das Motorrad ausschließlich als Einzelstück zum
privaten Gebrauch herstellt. Der private Gebrauch endet jedoch, sobald dieses
virtuelle Motorrad vervielfältigt und an andere Avatare weitergegeben wird.
Selbst wenn die Ware nicht verkauft, sondern als "Freebie" verschenkt
wird, kann es sich dabei um geschäftlichen Verkehr handeln, wenn der Betreiber
des Freebie-Shops über Spenden oder Werbung Einnahmen erzielt.
Wer eine Marke
widerrechtlich verwendet, ist dem Markeninhaber zum Schadensersatz verpflichtet.
Dieser wird regelmäßig in Höhe der doppelten Lizenzkosten angesetzt, also des
Betrages, den man hätte zahlen müssen, wenn man vor der Verwendung der Marke
eine Lizenz eingeholt hätte. Die Höhe bestimmt sich daher im Einzelfall nach
dem Wert der Marke. Für den durchschnittlichen Second Life-Designer oder
–Händler kann ein Markenrechtsstreit leicht Kosten in Höhe eines 4 bis
5-stelligen €-Betrages auslösen. Darüber hinaus besteht tatsächlich auch die
Möglichkeit einer strafrechtlichen Verurteilung. In Deutschland beträgt das
Strafmaß für vorsätzlichen Kennzeichenverstoß bis zu drei Jahre
Freiheitsstrafe. Allerdings wird dies nur in besonders schweren Fällen
passieren; bisher sind keine derartigen Verurteilungen bekannt.
Der Erwerb oder Besitz
eines solchen Motorrades ist übrigens nicht rechtswidrig. Wer also eine
virtuelle BMW sein Eigen nennt, darf mit dem Ofen auch weiterhin unbesorgt über
die Second Life-Straßen kacheln.
4. Was bedeutet es, dass
Linden Lab alle Rechte dem Nutzer überlässt?
Sobald Objekte oder
Texturen in Second Life geschaffen werden, werden diese auf Servern von Linden
Lab gespeichert. Dies stellt rechtlich gesehen eine Vervielfältigung dar. Auch
zur Darstellung der Objekte werden die relevanten Informationen an alle Second
Life-Nutzer übertragen, die das Objekt im Blickfeld haben. Um dies legal tun zu
können, benötigt Linden Lab eine Lizenz vom Ersteller des Objekts.
Die Terms of Service (ToS)
von Linden Lab, stellen daher klar, dass der Nutzer mit der Erschaffung von
Objekten die hierzu erforderlichen Erlaubnisse erteilt. Dem Nutzer verbleiben
aber davon abgesehen die in world-Nutzungsrechte an seinen Kreationen. Damit
ist es anderen Nutzern und auch Linden selbst verboten, die Objekte selbst zu
duplizieren und an Dritte zu verteilen, ohne vorher eine ausdrückliche
Erlaubnis einzuholen.
Andererseits muss
gewährleistet sein, dass die übrigen Nutzer Second Life nutzen können, ohne
ständig auf Rechte Dritter achten zu müssen. So enthalten die ToS auch
Regelungen dazu, dass es zulässig ist, Screenshots aus Second Life zu
veröffentlichen, auch wenn dabei Objekte im Bild sind, die dem Fotografen nicht
gehören.
5. Können Gebäude in world
so geschützt werden, dass sie im Real life nicht einfach nachgebaut werden
dürfen?
Im Real Life gilt die so
genannte Panoramafreiheit (§ 59 UrhG). Danach darf die Außenansicht von Werken,
die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, ohne
Erlaubnis vervielfältigt werden, jedoch nur als Bild oder Modell, nicht aber
als Nachbau. Ein Nachbau in Second Life ist allerdings kein Nachbau im
Rechtssinn, sondern eine dreidimensionale Darstellung, im Ergebnis also ein
Bild. Es ist daher zulässig, ein Gebäude aus dem Real Life 1:1 im Second Life
nachzubauen.
In der anderen Richtung
ist der Rechtsschutz interessanterweise wesentlich effektiver. Da das Gebäude
in Second Life gerade kein Bauwerk an einem öffentlichen Weg oder Platz ist,
sondern eine bildliche Darstellung, ist hier das Erstellen von Kopien im Real
Life grundsätzlich verboten – mit der Ausnahme von Erstellung von Screenshots.
6. Was kann ich tun, wenn
meine Produkte kopiert und von anderen verkauft werden?
Hier sind zwei
Konstellationen denkbar: Der Verkauf innerhalb und außerhalb von Second Life.
Erfolgt der Verkauf innerhalb von Second Life, werden also in world Kopien
meiner Produkte ohne Erlaubnis verkauft, so ist es möglich, einen Abuse Report
an Linden Lab zu schicken. Dort wird man die Beschwerde prüfen und dafür
sorgen, dass der Verstoß aufhört. Von dem Übeltäter Schadenersatz zu erhalten
dürfte sich hingegen schwierig gestalten, da man hierzu zunächst Linden dazu
bewegen müsste, die Daten der Person, die hinter dem Avatar steht
herauszugeben. Selbst wenn dies gelingt, so kann die Durchsetzung der Rechte
problematisch sein, wenn der Kopierer im Ausland sitzt.
Es ist auch denkbar, dass
jemand Kopien meiner in Second Life hergestellten Produkte in der realen Welt
verkauft, z. B. Designs von Kleidung oder Logos verwendet. In diesem Fall geht
man am besten im Real Life gegen den Rechtsverletzer vor, da er auch dort
agiert. Das Mittel der Wahl wäre, über einen Anwalt eine Abmahnung zu schicken
und gegebenenfalls vor Gericht auf Unterlassung und Schadensersatz zu klagen.
Problematisch wird es auch in dieser Konstellation, wenn der Täter im Ausland
sitzt, was die Rechtsverfolgung sowohl erschwert als auch verteuert. In der
Regel wird sich ein derart teures und langwieriges Verfahren daher nicht
lohnen.
Quelle: JURAWIKI
Quelle: JURAWIKI
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