[ARS TECHNICA] - RÜCKKEHR ZU SECOND LIFE
Ich
fand heute einen interessanten positiven Artikel über Second Life
auf einen meiner Lieblingsblogs. Echt Virtuell. Blog Betreiber Maddy
hat den englischen Text von Samuel Axon ins deutsche zusammengefasst:
In
der ersten Hälfte des Artikels beschreibt Samuel, wie Second Life um
2007 herum seinen medialen Höhepunkt erreichte und viele Technologen
es als "The Next Internet" bezeichneten. Es gab virtuelle
Botschaften, Medienbüros, Live-Konzerte, politische Kampagnen und
RL-Millionäre durch virtuelle Geschäfte. Auf dem Gipfel des Hype,
hatte Second Life 1,1 Millionen Nutzer pro Monat. Laut
SL-Pressesprecher Peter Gray, sind es aktuell immer noch zwischen
800.000 und 900.000 aktive Nutzer pro Monat, was nach all der Zeit
ein eher geringer Rückgang ist.
Interessant
ist nun, dass Samuel der Ansicht ist, dass Second Life, obwohl
inzwischen nur noch wenig beachtet, vor zehn Jahren einen kulturellen
Einfluss auf die westliche Gesellschaft hatte. Er schreibt, dass
Second Life nach seiner Hype Phase wesentlich erfolgreicher war als
es von vielen Kritikern dargestellt wurde. Für die heute immer noch
aktiven Nutzer, wurde SL zu einer vollkommen alternativen
Online-Welt. Samuel hat sich nun, nach einer fünfjährigen Pause,
wieder in Second Life eingeloggt, um die Frage zu beantworten, zu was
sich SL entwickelt hat, wenn es nicht das vorhergesagte Metaverse der
Futuristen geworden ist.
Samuel
bezeichnet Second Life als "gesunde Community". Viele
Ersteller wären der Ansicht, dass SL wächst und gedeiht. Die
Meinungen unter den Konsumenten gehen dagegen etwas auseinander. Auch
für Linden Lab ist Second Life immer noch ein profitables Geschäft
, sagt Peter Gray. Erstaunlicherweise sagt er auch, dass der Profit
zum größten Teil durch die Transaktionen für virtuelle Güter
gemacht wird. Also nicht mehr durch Landvermietung. Das kann ich mir
eigentlich nicht vorstellen. Obwohl, wenn man sieht, dass die Anzahl
der Regionen immer weiter abnimmt und gleichzeitig im letzten Jahr
500 Millionen US-Dollar für virtuelle Güter in SL ausgegeben wurde,
kann es dann doch sein. Denn LL bekommt von allen Transaktionen beim
Verkauf auf dem Marketplace fünf Prozent Provision. Macht bei 500
Mio. Umsatz dann 25 Mio. an Einnahmen.
Jedenfalls
sagt Peter Gray noch, dass virtuelle Güter inzwischen das Herz
dessen wären, was aus Second Life geworden ist. Das kann man nun
positiv oder negativ auffassen, je nach eigener ideologischer
Einstellung. Antikapitalisten (und davon hatte SL in seinen frühen
Jahren sehr viele), wird diese Aussage eher abschrecken. "Your
world, our money" oder so. Als Gegenargument schreibt Samuel,
dass Kommerz schon immer ein Teil von Second Life war, weil es auch
ein Teil unserer RL-Gesellschaft ist.
Dann
wird kurz die Popularität der Unboxing Videos angesprochen, die zum
Beispiel von Strawberry Singh oft erstellt werden. Linden Labs
Produktmanager Björn Laurin wird im Artikel mit den Worten zitiert:
"Meine Kinder schauen diese Auspack-Videos ständig auf YouTube.
Auch Erwachsene schauen sich so etwas an. Auspacken eine iPhones,
Auspacken von was anderem. Seit Kurzem bemerken wir, dass dies auch
in Second Life eine große Sache geworden ist. Leute kaufen sich
Dinge im Store und erstellen dann ihr eigenes Auspack-Video."
Als
nächstes wird der Wandel des Inworld Content von Prims zu Mesh
angesprochen. Aus Sicht der (kommerziellen) Ersteller, ist Mesh ein
großer Sprung nach vorne gewesen. Man kann damit Dinge erstellen,
die annähernd so aussehen, wie im RL. Man kann zwar immer noch alles
auf die alte Art mit den Inworld-Tools bauen, aber auf dem
Marketplace wird eben fast nur noch das besser aussehende Mesh
gekauft. Also wird es auch von der überwiegenden Mehrheit der
Ersteller angeboten. Es wird aber auch gesagt, dass man zur
Erstellung von Mesh Objekten mehr Grundwissen benötigt als für die
alte Inworld Bauweise.
Passend
dazu wird auch die Verlagerung des Warenverkaufs, weg von den Inworld
Shops und hin zum Marketplace angesprochen. Hier kommt eine Fashion
Designerin zu Wort, der dieser Trend nicht gefällt. Sie hätte viel
lieber wieder die alten Zeiten zurück, als man noch überwiegend mit
dem Avatar in den SL-Shops einkaufen war. Sie räumt zwar ein, dass
die vielen Shopping Events heute zum Teil wieder dem alten Trend
folgen, aber da wäre der Druck auch enorm hoch, da
Veröffentlichungsfristen und Exklusivangebote vorgegeben werden.
Außerdem sei der Lag auf solchen Veranstaltungen oft hoch und neue,
kleine Shops hätten kaum eine Chance, in die Gruppe der etablierten
Shopping Event Teilnehmer vorzustoßen. Hier erkennt Samuel dann eine
Parallele zum RL, denn auch da geht der Trend weg vom Kaufhausbummel
und hin zur Amazon-Bestellung.
Samuel Axon |
Etwa
in der Mitte des Artikels, beschäftigt sich Samuel mit dem Thema
Erkundung von Second Life. Er erwähnt den SL Destination Guide und
dass die Leute früher viel mehr durch SL gelaufen wären, um sich
die Wunder anzusehen, die dessen Bewohner an jeder Ecke erstellt
hatten. Heute hätte sich das Verhalten der Nutzer geändert.
Entweder ist man allein oder in Gruppen an versteckten Plätzen, oder
man geht zu Großveranstaltungen, wie eben einem Shopping Event.
Samuel ist der Ansicht, dass gute Regionen und andere sehenswerte
Orte eine bessere Werbeplattform benötigen als den Destination
Guide. Der wird nicht von besonders vielen Leuten genutzt.
Samuel
fragt auch Peter Gray, wie er die Entwicklung bezüglich Abenteurer,
Entdecker und Erkundung in SL sieht. Peter sagt, dass dieses
Community immer noch groß ist, räumt aber auch ein, dass sich das
Verhalten im Lauf der Jahre geändert hätte. Viele Leute gehen heute
hauptsächlich auf wiederkehrende Großveranstaltungen. Dort trifft
man dann auch Avatare, die man oft Jahre nicht mehr gesehen hat.
Langsam über das Mainland laufen, machen dagegen heute nur noch die
wenigsten.
Im
letzten Drittel des Artikels geht Samuel dann dazu über, seine Sicht
auf das heutige Second Life darzustellen. Er, als ehemaliger Erkunder
des Grids, findet es zwar schade, dass man dies heute kaum noch
praktiziert. Aber er findet das, was inzwischen aus Second Life
geworden ist, nicht minder interessant. Second Life ist für viele zu
einer persönlichen Plattform geworden. Ein alternatives Universum zu
schaffen, ist nicht mehr das Ziel. Und eigentlich sei SL auch nicht
das "zweite Leben" seiner Nutzer, sondern die virtuelle
Ebene der physischen Existenz.
Second
Life ist in erster Linie eine Sammelplattform für Menschen mit
besonderen Interessen. Das reicht vom Star Trek Rollenspiel bis zum
Fetisch Verlies. Und wie das gesamte Internet, ist Second Life
einfach Ausdruck der Vielfalt menschlicher Erfahrung. Dass heute
Second Life nicht mehr so oft in den Medien auftaucht, wie zur Hype
Zeit, sei eigentlich eine gute Sache. Denn in den Medien wurde SL zu
oft als etwas dargestellt, was es nicht ist. Und bei dieser Aussage
stimmen sogar Peter Gray und Björn Laurin zu. Linden Lab ist
zufrieden mit dem aktuellen Status von Second Life.
Ganz
am Ende des Artikels, kommt dann erst Sansar ins Spiel. Samuel
betont, dass es sich dabei nicht um eine durchgehende virtuelle Welt
handelt, sondern um dezentrale Umgebungen, die alle für sich alleine
stehen. Er spricht die Bedenken der SL-Nutzer an, die befürchten,
dass Linden Lab Second Life für Sansar immer mehr vernachlässigen
wird. Oder dass ein Misserfolg von Sansar sogar das Ende von Linden
Lab und damit auch Second Life bedeuten könnte.
Im
Artikel kommt auch ein weiterer Ersteller zu Wort, der befürchtet,
dass Linden Lab immer mehr Ressourcen und Mitarbeiter von SL abzieht
und für Sansar einsetzt. (Anm.: Hier muss ich leider zustimmen, wenn
ich die Entwicklung der Server- und Viewer-Updates der letzten Monate
ansehe. Bei mir kommt der Eindruck auf, dass da nur noch ein paar
unerfahrene Skript Kids sitzen.) Daraufhin sagen aber sowohl Laurin
als auch Gray, dass das SL-Team gewachsen wäre und LL große
Investitionen in die SL-Infrastruktur stecken würde.
Dann
kommt Samuel ziemlich schnell zum Ende seines Essays. Er hält Sansar
für den richtigen Schritt von Linden Lab. Denn er ist der Ansicht,
so lange die Gesellschaft immer weiter nach dem "nächsten
großen Ding" in Bezug auf digitale Realität sucht, so lange
werden neue Plattformen wie Second Life und Sansar kommen und gehen.
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