GEDANKEN ZUM THEMA 24/7
Dieses Thema wurde sehr angeregt bei unserer letzten
Diskussionsrunde diskutiert. Daher dachten wir, dass folgende Gedanken dazu
sehr passend sind. Diese Worte wurden in der Weite des Internets gefunden, ohne das darunter stand wer es geschrieben hat, daher können wir sie ungehindert weitergeben, den besser kann man es einfach nicht beschreiben. Unsere Nina hatte sie euch per NC geschickt und nun könnt
ihr sie auch hier lesen:
Einleitung:
Gerade über 24/7 Beziehungen existieren eine Reihe höchst
skurriler Vorstellungen, dass die Sub sich aufgibt, nichts mehr zu sagen hätte,
sich unterdrücken ließe, etc. Offensichtlich stellen sich etliche Leute vor,
die Sub in einer 24/7 sitzt den ganzen Tag angekettet in einem finsteren
modrigen Keller und harrt dort der regelmäßig an ihr praktizierten Torturen.
Oder zumindest hätte sie nichts zu sagen, nur schweigend zu dienen und zu
gehorchen, auf dass ihr Top auf das Beste bedient ein möglichst bequemes Leben
führen kann.
Die erleichternde Nachricht: Es ist nicht so. Ganz und gar
nicht. (Zumindest bei uns nicht, aber das ist jetzt das letzte Mal, dass ich
das extra dazuschreibe).
Auch eine 24/7 ist eine freiwillig gewählte, ganz tiefe
Beziehung zweier sich innig liebender, denkender, selbständiger und
selbstbewusster Menschen. Und so wie Menschen vielfältig, facettenreich und
nicht nur von einer Seite zu verstehen sind, so sind auch deren Beziehungen
vielfältig, facettenreich und nicht nur von einer Seite zu verstehen. Und das
ist auch gut so, denn das Gegenteil von "vielfältig" ist
"einfältig", und das betrachtet normalerweise niemand als Kompliment.
Viele Dinge, die wir für wertvoll halten, sind facettenreich. Zum Beispiel Edelsteine
oder Kristalle. Ein solcher glitzert von jeder Seite ganz anders und doch
handelt es sich immer um denselben Stein. Deshalb vergleichen wir auch unsere
Beziehung gerne mit einem wertvollen Kristall - nur dass kein Kristall dieser
Welt an den Wert unserer Beziehung auch nur im Mindesten herankommt.
Denken wir uns also eine 24/7 D/s Beziehung eines
imaginären Paares namens T (wie Top) und B (wie Bottom).
DER KRISTALL
Facette: Gehorsam
Auf den ersten Blick ist alles so einfach. T ist ihr Herr,
B ist seine Sklavin. Er befiehlt, sie gehorcht. Absolut, bedingungslos, immer.
Eben 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche. Simpel, archaisch.
Abschreckend? Zu verurteilen? Voll bittersüßer Romantik?
Unmöglich durchzuhalten? Erinnern wir uns: eine Facette macht noch keinen
Kristall, deshalb drehen wir doch weiter.
Facette: Freiwilligkeit
Es schadet nicht, sich in Erinnerung zu rufen, dass die
Sklaverei gottseidank abgeschafft ist und auf Freiheitsberaubung zu Recht hohe
Strafen ausgesetzt sind. Gehen wir also davon aus, dass B nicht mit
irgendwelchen Druckmitteln zum Sklavin-sein gezwungen wird (sonst wär's
"Abuse", was wir zutiefst ablehnen). Also tun's die beiden
freiwillig. Denn B könnte doch jederzeit gehen (Ein schönes Zitat fällt mir dazu
ein: "Slaves can always vote with their feet.") Schön, aber warum
dann das Ganze? Ok, nächste Facette:
Facette: Liebe
24/7 Beziehungen entwickeln sich (oft) aus besonders
tiefen Liebesbeziehungen. Die beiden lieben einander also. Tief und innig. Gut.
Wenn man sich tief und innig liebt, liebt man sich "voller Hingabe",
oder? Und es kommt vor, dass eine Liebende ihrem Märchenprinzen ins Ohr
flüstert: "Ich möchte zu Dir gehören." Es ist sogar weit verbreitet,
dass Paare das "zueinander gehören" öffentlich deklariert und dazu
ein Fest feiern, dass "Hochzeit" genannt wird. Und auch in einer
guten Beziehung sagt man: "Ich will immer für Dich da sein." Soweit,
so normal. OK, jetzt stelle man sich diese Liebe noch viel intensiver vor. Dann
wird daraus "Ich liebe es, wenn ich für Dich da sein kann". Im ersten
Satz geht das "zu" verloren und wir haben "Ich möchte Dir
gehören" und aus der hingebungsvollen Liebe wird ein "Ich möchte mich
Dir hingeben". Ziemlich submissiv, nicht? Und heißt "immer für Dich
da sein" nicht 24/7? Eben. Na, ist doch nicht so schwer zu verstehen.
Facette: Geschenk und Auftrag
B macht also dem wertvollsten Menschen den sie hat, T, das
wertvollste Geschenk, das es gibt: Sie schenkt ihm ihre Hingabe, sie schenkt
ihm gewissermaßen sich selbst.
Was gibt es schlimmeres, als wenn ein voller Freude
dargebotenes Geschenk nicht angenommen, nicht geschätzt wird? Wenn sich der
Beschenkte des Geschenkes als nicht würdig erweist?
T liebt B, also ist das das Letzte was er will. Also nimmt
er das Geschenk an. Also muss er sich eines so wertvollen Geschenkes als würdig
erweisen. Also muss er einer werden, der (vor allem in B's Augen!!) eines
solchen Geschenkes würdig ist, und sei es um den Preis, dass er hart an sich
arbeiten muss umso zu werden, wie sie das braucht. Also bestimmt B damit, wie T
sein soll. So was hatten wir schon in Facette 1 - oder war's dort umgekehrt?
Drehen wir unseren Kristall weiter:
Facette: Freude und Ehrlichkeit
Ein Geschenk, das nicht mit Freude dargeboten wird, macht
doch irgendwie nicht so richtig Spaß, oder? Also wird T darauf achten, dass B
nicht nur leere Gesten schenkt. Dass die Hingabe und der Gehorsam echt und
liebevoll sind. Dass, was immer B tut, sie es mit Freude tut, wissend, wie sehr
ihr Geschenk gewürdigt wird. Und T wird seinen Stolz haben und es sich
verbieten, dass dieses Geschenk unecht oder hohl ist. Er wird es sich
verbieten, dass ihr Gehorsam nur oberflächlich oder flüchtig ist. Er will
haben, dass sie es - was auch immer es ist - gern tut. Da wird es ihm, wenn schon,
noch lieber sein, wenn sie in aller Form und Ehrlichkeit "Ich kann heute
(so) nicht, mein Herr" sagt. Denn das ist dann immerhin die Wahrheit. Also
doch nicht so absolut der Gehorsam?
Facette: Kommunikation
Jetzt ist es aber doch leider nicht so offensichtlich zu
unterscheiden, ob B etwas wirklich gern tut, oder einfach nur so "na von
mir aus, wenn Du unbedingt musst". Das heißt T muss ziemlich genau darauf
achten, was in seiner B vorgeht. Das heißt die beiden werden ziemlich viel -
und ziemlich gut - miteinander reden und kommunizieren müssen. Und sie werden
ziemlich ehrlich zu sich selbst sein müssen, damit sie den Unterschied zwischen
"gern" und "na von mir aus" nicht verpassen. Na und Reden
bringt ja bekanntlich die Leute zusammen.
Facette: "Gerne" und Grenzen
Klarerweise hat B aber ihre Grenzen. Etwa wäre der Befehl,
sie solle doch jetzt bitte an die Zimmerdecke schweben, ziemlich sinnlos. Und
es gibt natürlich auch Scham-, Ekel- und viele andere wichtige physische und
emotionale Grenzen. Vor allem auch die wichtige Grenze, wo sie sich einfach
ausgenützt vorkommt. Und wenn T möchte, dass seine B ihm "gerne"
gehorcht, dann muss er doch offensichtlich diese Grenzen einhalten. Und weil er
B liebt, tut er das sogar gern.
Facette: Das Geschenk nutzen
Ein Geschenk, über das man sich freut, das möchte man
verwenden, ausprobieren. Man möchte sehen wie brauchbar es ist, wie gut.
Umgekehrt zeugt es nicht von Freude, wenn man es in eine Ecke legt und nicht
weiter beachtet. Also muss T, um B's Geschenk (wir erinnern uns: ihre Hingabe)
zu würdigen, B fordern, ihren Gehorsam prüfen und ihr dazu Gelegenheit geben.
Er wird sie sogar herausfordern, sie zeigen lassen, wie weit er mit ihr gehen
kann. Und B wird Freude daran haben, zu beweisen, dass ihr Geschenk echt ist:
dass sie ihm mit Freude gehorcht, dass sie ihm eigentlich gern noch viel mehr
schenken würde. Und so werden beide gemeinsam versuchen, das "gern"
immer weiter hinauszuschieben. Nur halt langsam, sonst bleibt es kein
"gern".
Facette: Klarheit der Kommunikation
Also möchte T das Geschenk seiner B auch wirklich
annehmen, sich dessen als würdig erweisen und ihren Gehorsam tatsächlich auch
einfordern. Also muss er ihr klar sagen was er will: "Mein Schatz, ich möchte
von Dir ...". Und es wird alles so klar und so einfach und
Kommunikationskatastrophen vom Typus "Du ich würde jetzt schon gerne
wollen, aber nur wenn Du es auch willst, weil wenn Du's nur mir zu Liebe tust
dann will ich's eigentlich nicht" - "Ja Dir zu Liebe täte ich's schon
gerne, aber wenn Du es nicht wolltest, tät ich's eigentlich nicht wollen."
entfallen.
Facette: Gemeinsam Lernen
Also wird T seine B fordern. Eine bestimmte Art zu grüßen
vielleicht, oder einen regelmäßigen Anruf, das Aufgeben einer dummen Gewohnheit
oder mehr. Aber oops, jetzt bemerkt er, dass er das auch einfordern muss. Und
dass das Einfordern von ihm selbst mindestens ebenso viel Selbstdisziplin,
Aufwand und Verlässlichkeit erfordert, wie von ihr. (Hatten wir uns das nicht
anders vorgestellt?) Dass es sich also um ein "gemeinsames Lernen"
handelt.
Facette: Vertrauen und Kraft
Erinnern wir uns: die beiden lieben einander. Also
vertraut B ihrem T. Absolut, unbedingt. Sonst wäre sie doch schön dumm, ihm zu
gehorchen. Und wer will denn eine dumme Sklavin. Also kann er sie durch ihren
Gehorsam Dinge tun lassen, die sie von sich aus nie tun würde. Aber weil er ihr
Vertrauen rechtfertigen will, werden das Dinge sein, über die sie nachher froh
und auf die sie nachher stolz ist. Also hat er ihr geholfen, Hemmungen oder
innere Schweinehunde zu überwinden, die ihr selbst im Weg waren.
Umgekehrt wird T merken, wenn B etwas von ihm braucht.
Wenn er ihrer Submission sonst nicht (mehr) würdig wäre. Und auch wenn es ihm
schwer fällt, wird ihm der Wert ihres Geschenkes (ihrer Submission) eine Menge
Kraft geben, seine Hemmungen und inneren Schweinehunde zu überwinden und so zu
werden, dass sie ihm (wieder) gern gehorchen kann. Und so haben beide etwas
geschafft, was sie alleine nicht geschafft hätten. Drehen wir den Kristall
weiter:
Facette: Freiraum und Urteilsvermögen
Gehen wir davon aus, dass B und T so vielfältig und
facettenreich sind, wie ihre Beziehung. Und dass die beiden heftig ineinander
verliebt sind, also diese verschiedenen Facetten aneinander lieben, schätzen
und brauchen. Dann wird T doch dumm sein, wenn er B dieser Facetten, dieser
Vielfalt beraubt. Dazu kann ihn doch niemand zwingen (wir erinnern uns: Er ist
ja ihr Herr). Es ist doch viel schöner, eine starke, fähige, vielfältige B zu
haben. Also wird er B allen Freiraum geben, den sie dafür braucht, diese
Facetten zu pflegen und zu entwickeln. Ob er das aus Eigennutz tut, damit seine
B stark und unabhängig bleibt (was er ja will), oder deswegen, weil er B liebt
und weiß, dass sie das "für sich" braucht - wen kümmert's.
Facette: Konflikte auflösen
Das hat auch viel damit zu tun, Konflikte
"füreinander" zu lösen. Wenn T weiß, dass B in irgendeiner Situation
gar nicht anders kann (oder sich schwer tut), wie viel Kraft kann er ihr mit
auf den Weg geben, wenn er sie auffordert, genau das "für ihn" zu
tun? Ihr diese Kraft zu geben wird ihm in seiner Liebe zu ihr ein Bedürfnis
sein.
Facette: Urteilsvermögen und Gleichberechtigung
Und weil eine starke B auch eine gescheite B ist, wird T
doch nicht so dumm sein und sich ihres Urteilsvermögens berauben. Also wird er
sie fragen, weil er ihre Meinung schätzt. Darf er doch, er ist ja ihr Herr,
oder? Also werden die beiden viel miteinander reden (hatten wir das schon?).
Und dass T (theoretisch) jeden Weg durchsetzen kann, tut dann gar nichts mehr
zur Sache, weil ihm die Meinung seiner geliebten B doch lieb und wert ist. Also
entscheiden sie ja doch gemeinsam? Oder wie?
Facette: Gleichberechtigung die zweite
Also ist das jetzt eine Herr-Sklavin Beziehung oder eine
"gleichberechtigte" Beziehung? Vielfach sind die
"Gleichberechtiger(innen)" die militantesten Feinde der 24/7s.
Schauen wir genau: Beide haben ihr gleiches Recht bekommen: Ihre Rolle in der
Beziehung frei zu wählen. Und beide sind in der Gestaltung der Beziehung
gleichwertige Partner. Nur sind Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit eben zwei
verschiedene Dinge (Zitat von - ich glaube - Konrad Lorenz). Und eine Pflicht
zur Gleichartigkeit gibt es nicht - und wie uns die Geschichte lehrt, ist das
auch ziemlich un-erstrebenswert.
Facette: Asymmetrie
Eine Frage bleibt: Warum die Asymmetrie. Warum Herr und
Sklavin. Kann man diese positiven Effekte nicht anders auch erzielen? Die
Antwort ist: man kann. Weil 24/7 D/S eben kein Patentrezept ist und nicht für
jeden funktioniert bzw. optimal ist. Aber für manche passt es eben genau so.
Und deshalb ist die Frage "Warum Herr und Sklavin?" falsch gestellt.
Sie sollte lauten "Warum nicht Herr und Sklavin?".
Facette: Faszination und Geilheit
Es gibt noch einen ganz wichtigen Punkt bei der Sache: Auf
B und T übt das "Herr und Sklavin"-Sein eine unheimliche Faszination
aus. Und es beschert B und T eine Lust, eine Geilheit, ein Prickeln, die sich
hier in diesem Text weder beschreiben noch begründen lassen. Leider, denn dies
ist so unglaublich wichtig. Aber wenigstens erwähnt sollte es werden. Hiermit
erwähnt. Es ist einfach schön, "dieses kleine geile Geheimnis ihm zu
gehören/mit ihr jederzeit alles tun zu können" mit sich herumzutragen. Es
ist einfach schön, sich in eine gute Beziehung tief und tiefer hineinfallen zu
lassen - so eine Beziehung kann unheimlich faszinieren. Vielleicht sollte man B
und T "Beziehungs-Fetischisten" nennen.
Schluss:
OK, beenden wir unsere Betrachtung des Kristalls und
nehmen wir die Lupe vom Auge. Klarerweise waren das nur einige Facetten und sie
erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Neu hinschauen, neue Facetten. Bei
einem wirklich wertvollen Kristall kann man nie alle gesehen haben...
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